Gute Briefings

Veröffentlicht am 14. 10. 2020 von Vanessa Giese

Als ich neulich neue Fotos für meine Website machen ließ und ein Logo für meinen Podcast in Auftrag gab, habe ich über Briefings nachgedacht - wie ich selbst briefe und welche Fragen ich stelle, wenn ich ein Briefing erhalte. Ein kurzer Wegweiser zum guten Briefing. 

Der Erfolg eines Auftrags, eines Projekts oder einer Zusammenarbeit hängt viel von einem guten Briefing ab. Wohin soll's gehen? Was soll am Ende dabei herauskommen? Nur, wenn alle Beteiligten dasselbe verstanden haben und am gleichen Ziel arbeiten, entsteht Gutes.

Wie ich selbst Briefings verfasse

Diejenigen, die ich beauftrage, verstehen in der Regel mehr von ihrem Handwerk als ich. Meine Haltung fürs Briefings ist also: Ich muss meinen Dienstleister:innen nicht ihre Arbeit erklären. Was am Ende als Produkt rauskommen kann und sollte, wissen sie meist besser als ich.

Ich briefe deshalb weniger auf eine spezielle Ergebnisvorstellung hin. Stattdessen briefe ich den Kontext. Meiner Fotografin Anke Sundermeier habe ich erzählt, wie ich arbeite. Dass ich Klarheit, Ehrlichkeit und Verbindlichkeit schätze. Dass ich mich nicht lange an Problemen aufhalte. Dass ich schnell zum Du komme, wenn es miteinander passt. Dass es mir wichtig ist, offen zu sein, flexibel und agil. Dass ich in Etappen denke. Herausgekommen sind die Fotos, die Sie auf meiner Website sehen.

Der Grafikerin Monika Eckey Lourenço habe ich erzählt, dass ich meinen neuen Interview-Podcast aus Neugier mache. Außerdem teile ich gerne Erkenntnisse. Ich habe ihr erzählt, dass ich in meinem Beruf viele Menschen treffe, die tolle Dinge wissen und Geschichten zu erzählen haben, die auch für einen größeren Kreis interessant sind. Ich habe ihr gesagt, dass ich es mag, spannende Gespräche zu führen und den Leuten zuzuhören.

Meine fünf Tipps für ein gutes Briefing:

  1. Geben Sie Kontext. Statt zu sagen "Genau so soll es am Ende aussehen" erzählen Sie lieber, wer Sie sind (persönlich und als Organisation), wie Sie sind und wozu Sie brauchen, was Sie anfragen. Das eröffnet einen größeren Lösungsraum und lässt Platz für die Expertise des Gegenübers.
  2. Seien Sie ausführlich. Die wichtigen Hinweise finden sich oft in Nebensätzen. Also reden Sie viel und geben Sie Ihrem Gesprächspartner die Chance, alles Relevante zu entdecken. Er wird Sie schon stoppen, wenn Sie zu sehr schwadronieren.
  3. Zensieren Sie sich nicht. Es gibt keine Nichtigkeiten. Erwähnen Sie auch die Dinge, von denen Sie denken "Ach, das ist doch jetzt nicht wichtig" oder "Das muss der andere bestimmt nicht wissen". Das sind am Ende oft die Stolpersteine.
  4. Bereiten Sie die Hard Facts vor. Systemanforderungen, Kapazitäten, Corporate-Design-Richtlinien, Formate, Anwendungssituationen, Höhe, Breite, Dicke, Maximalgewicht ... alles, was Sie schon definitiv wissen oder an Rahmenbedingungen haben.
  5. Lassen Sie ihr Gegenüber zusammenfassen, was er/sie verstanden hat. Auf diese Weise können Sie sicher sein, dass Sie über dasselbe reden. Sie können nachjustieren. Der anderen erkennt, wo er noch Lücken hat. Außerdem fällt Ihnen vielleicht noch etwas ein.

Wie ich mich briefen lasse

Wenn Kunden oder Interessentinnen sich an mich wenden, ist der Ausgangspunkt oft ein "So kann es nicht weitergehen!" Es gibt ein Problem, das noch nicht ganz greifbar ist. Begleitet wird es von einem Gefühl: Etwas bewegt meinen Gegenüber, belastet die Arbeitsabläufe, sorgt für Unruhe, Irritationen, schlechte Ergebnisse, langsame Prozesse, Konflikte, Mehrarbeit, Eskalationen und unangenehme Kundenbeweschwerden.

Ich lasse meinen Gesprächspartner zunächst erzählen - und richte meine Aufmerksamkeit auf konkret greifbare Situationen und ihren Kontext. Fragen, die ich stelle, sind zum Beispiel:

  • Wenn Sie an die vergangenen zwei bis drei Wochen zurückdenken: Welches Ereignis in Zusammenhang mit unserem Thema hat Sie geärgert/frustriert? Inwiefern? Welche weiteren Ereignisse gibt es?
  • Gibt es Dinge, die gut laufen? Was ist bei denen anders?
  • Mit welchem Gefühl gehen Sie zur Arbeit, wenn Sie an unser Thema denken? Falls Sie es sagen können: Was genau verursacht dieses Gefühl, wann trat es das letzte Mal auf? Mit welchem Gefühl möchten Sie stattdessen zur Arbeit gehen?
  • Stellen Sie sich vor, wir sind bereits einige Monate weiter und mein Einsatz war erfolgreich. Was ist jetzt anders? 

Ich frage konkrete Situationen ab, weil sie in der Erinnerung wach sind und ich an ihrem Beispiel tiefer nachhören kann. Absolut verallgemeinernde Aussagen mit Wörtern wie "immer", "nie", "jedesmal" sind gefährlich für eine Interpretation, denn sie liefern kein differenziertes Bild, sind von subjektivem Frust überlagert und blenden positive Aspekte aus.

Rahmenbedingungen nicht vergessen

Natürlich frage ich auch nach Rahmenbedingungen: Unternehmensstrukturen und Organigramme, jüngste Ereignisse im Markt und innerhalb der Organisation, Veränderungshistorie, ebenso die Werte und das Leitbild des Unternehmens - und wie sie in der Praxis gelebt werden. Sie geben Hinweise auf strukturelle Herausforderungen.

Interessant ist nicht nur, was gesagt wird. Sondern auch, was nicht gesagt wird.

Schlussfrage

Meine Schlussfrage ist: Gibt es eine Frage, die ich vergessen habe zu stellen? Eine Frage, die für jede Konversation geeignet ist: Worüber haben wir heute nicht gesprochen?

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