"Einfach mal machen!" - warum diese Management-Forderung nicht funktioniert

Veröffentlicht am 22. 10. 2021 von Christian Fischer

Wie oft haben Sie den Satz "Einfach mal machen!" schon gehört - oder vielleicht selbst gesagt? Er kommt meist zusammen mit dem Vorwurf, einfach mal anzupacken und nicht alles zu verkomplizieren. Stattdessen sollen die Mitarbeiter ranklotzen, die Sache in die Hand nehmen, Ergebnisse liefern, den Auftrag erledigen. "Wir brauchen mehr Verantwortung!" Neun Gründe, warum die Forderung nicht funktioniert. 

Nachträgliche Sanktionierung

Ein Mitarbeiter hat in der Vergangenheit einfach mal gemacht. Das Ergebnis wurde allerdings nachträglich sanktioniert. Mit anderen Worten: Es gab einen Anschiss. Dabei genügt es, wenn der Mitarbeiter das Feedback als Anschiss empfindet - selbst wenn die Rückmeldung nicht so gemeint war. Bonuslevel: Die Sanktion erfolgte vor Publikum (Kunden, Kolleginnen, Management). Ergebnis: Der Mitarbeiter hütet sich beim nächsten Mal, einfach mal zu machen.

Es wird delegiert, was nicht delegierbar ist

Die Mitarbeiterin soll einfach mal machen, was nicht in ihrem Einflussbereich liegt. Aber: Die benötigten Ansprechpartner reden nicht mit Menschen in ihrer (niedrigen) Position, ihr werden die nötigen Informationen oder technische Zugriffsrechte verwehrt. Ihre Hilferufe werden nicht gehört, nicht verstanden oder es ist grad keine Zeit da, sich zu kümmern.

Es fehlt das Mandat

Die Aufgabe ist delegierbar - aber erst, nachdem die Mitarbeiterin das Mandat erhalten hat. Das bedeutet: Sie hat die Prokura "von oben", ihrem Auftrag nachzugehen; ihr wurden öffentlichkeitswirksam die Schulterklappen aufgesteckt. Alle wissen: Wenn sie auf mich zukommt, hat das seine Richtigkeit und ich muss tätig werden.

Es fehlen Strukturen

Zum Abarbeiten der Aufgabe benötigt es Kolleginnen und Kollegen, die ihrerseits Verantwortung wahrnehmen, dies aber nicht tun. Es gibt auch keine Eskalationsinstanz - oder nur eine, die nicht tätig wird. Möglicherweise braucht es auch Werkzeuge oder Systeme, die nicht vorhanden sind, Prozessabläufe, die im Unternehmen nicht gelebt werden, oder vertragliche Grundlagen, die nicht gegeben sind.

Es fehlen Standards

Klingt zunächst nach dem gleichen wie "Strukuren", ist aber etwas anderes. Verschiedene Mitarbeiter:innen nehmen die Aufgaben unterschiedlich wahr, sehen unterschiedlichen - manchmal auch gar keinen - Handlungsbedarf und entscheiden sich für abweichende Lösungswege. Wurde der (vermeintlich) falsche Lösungsweg gewählt, führt dies wieder zur Sanktionierung.

Mitunter kommt es auch zum Stillstand, weil die Mitarbeiterin nicht weiß, welche der Lösungsoptionen aus der Vergangenheit denn nun die richtige ist. Das Gleiche gilt, wenn Standards in Produkten, Maßen oder Verfahren fehlen.

Es fehlt Kompetenz

Wüsste der Mitarbeiter, wie, würde er einfach mal machen. Aber es fehlt ihm an Schulung, Training, Know-how. Wenn ihm sehr viel Know-how fehlt, kann er nicht einmal sagen, welches; die Aufgabe ist für ihn nicht einuzuordnen, und er kann sich nicht selbst Wissen beschaffen. Gerade implizites Wissen kann man sich kaum anlesen.

Es fehlen Zielvorgaben

Welcher Ergebnistyp soll rauskommen, wenn die Aufgabe gelöst ist? Was ist die "definition of done"? Gibt es keine Abmachung darüber, ist das Handeln oft nicht sichtbar: Die Mitarbeiterin macht einfach mal, der Effekt tritt aber an anderer Stelle ein, als der Auftraggeber erwartet. Ergo denkt er: "Wieso macht sie nicht einfach mal?!", während außerhalb seines Sichtfelds das Ergebnis vorliegt.

Die Zielvorgaben ändern sich ständig

Heute hü, morgen hott: Die Mitarbeiterin marschiert los, macht mal - und auf halbem Wege kommen andere oder sogar gegenteilige Anforderungen. Das wiederholt sich noch ein drittes und ein viertes Mal. Haben Mitarbeiter diese Erfahrung mehrmals gemacht, laufen sie irgendwann gar nicht erst los, "denn die Chefin will in ein paar Tagen sowieso wieder was anderes".

Es fehlen Entscheidungen

Der Mitarbeiter macht mal, braucht an einem bestimmten Punkt aber eine Entscheidung. Der Entscheider ist allerdings nicht greifbar oder scheut eine Entscheidung. All dies sind Gründe, warum die Anweisung "Einfach mal machen!" nicht funktioniert.

Die schlechte Nachricht zum Schluss: Eine Kombination aus mehreren Punkten macht es nicht besser.

Dieser Text erschien zuerst als Newsletter. Interesse an monatlichen Gedankenanstößen? Dann hier entlang. 

Kommentare

  • Udo Dilewski23.Oct.2021

    Freue mich auf Anregungen...

  • Vanessa Giese24.Oct.2021

    @Udo: Ich hoffe ich kann die Erwartungen erfüllen.


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