Die Eisenhower-Matrix ist Murks

Veröffentlicht am 14. 7. 2020 von Vanessa Giese

Wer nach dem Eisehower-Prinzip lebt, ist im ständigen Feuerwehr-Modus - und verschläft nachhaltige Entwicklung. (Foto: pixabay/skeeze)

Viele von Ihnen kennen sie: die Eisenhower-Matrix. Sie stellt dar, was Sie tun und lassen und was Sie delegieren sollten. Für Führungskräfte ist das Ding jedoch Murks.

Wichtiges ist selten dringend

Die Eisenhower-Matrix ist Bestandteil jedes Zeitmanagement-Seminars und jedes Artikels zum Thema "Wie organisiere ich mich selbst?" Sie besagt, was Sie selbst und sofort erledigen sollten, welche Aufgaben Sie getrost ignorieren können und was Sie an Andere abgeben sollten.

Ich habe Ihnen die Matrix noch einmal aufgescribbelt. So sieht sie aus:

Ich fand diese Aufteilung lange Zeit sinnig. Aber inzwischen bin ich davon ab. Es gibt mehrere Gründe, warum ich die Eisenhower-Matrix für Murks halte:

#1 - Wer so agiert, den verlassen die Mitarbeiter

Die Eisenhower-Matrix besagt: Was wichtig und dringend ist, erledige selbst; was nicht so wichtig ist, kannst du an eine Mitarbeiterin delegieren. Ich frage mich: Ist es das, wofür wir Mitarbeiter einstellen, Experten auf ihrem Gebiet? Wenn alles, was wir an sie delegieren, nicht wirklich wichtig ist? Und: Wie viel Freude macht mir als Mitarbeiterin die Arbeit unter einem Vorgesetzten, der mir nur die Dinge gibt, die unwichtig genug sind, dass er sie nicht selbst erledigt?

Die Eisenhower-Matrix erklärt Mitarbeitende für Menschen, denen für wichtige Dinge das Verantwortungsbewusstsein fehlt - und die Fähigkeit. Wer diese Haltung hat, steht bald ohne Mitarbeiter da.

#2 - Wichtiges ist selten dringend, Dringendes selten wichtig

In der Eisenhower-Matrix besagt die Wichtigkeit, was ich selbst tun soll, und die Dringlichkeit, was überhaupt getan werden muss. Doch wichtige Dinge sind selten dringend, dringende Dinge sind selten wichtig.

Wenn ich Teams oder Einzelpersonen begleite, gibt es - egal, welches Unternehmen - immer dieses eine Problem, das sich durchzieht: Das Tagesgeschäft dominiert; es torpediert die Bemühungen, sich um strategische Themen zu kümmern. Immer gibt es etwas dringendes Tagesaktuelles, das daran hindert, sich der Entwicklung des Unternehmens, taktischen Überlegungen, der Führungsaufgabe, effizienterer Abläufe oder der Einführung neuer Software zu widmen. Doch genau das sind langfristig die wichtigen Aufgaben, um am Markt zu bestehen - sie werden aber niemals dringend.

Ein Grund mehr, nicht die wichtigen und dringenden Dinge selbst zu tun, sondern die wichtigen, aber weniger dringenden Dinge.

#3 - Die Aufgabe von Führung

Damit sind wir bei einer philosophischen Frage: Was macht Führung aus? Was wollen Sie als Führungskraft tun, was lassen, was delegieren? Wie möchten Sie agieren, wenn nicht so wie in der Matrix? Zwei Thesen dazu von mir:

Führung heißt: die Richtung der Bewegung beeinflussen

Wer führt, möchte etwas bewegen. Ich sage: Die Bewegung selbst kommt von alleine - aus dem Markt heraus, aus der technologischen oder gesellschaftlichen Entwicklung, aus der Motivation und Kreativität der Mitarbeitenden. Die eigentliche Führungsaufgabe ist es, die Richtung der Bewegung zu beeinflussen, also ...

  1. die Bewegung auf die für mein Unternehmen wichtigen und sinnvollen Ziele zu lenken und
  2. dafür zu sorgen, dass alle Strömungem im Unternehmen, alle Menschen auf diese Ziele hinarbeiten - dass sie in dieselbe Richtung laufen.

Führung heißt: Beziehungen führen.

Wenn wir von Führung sprechen, denken wir oft an Menschenführung: die Mitarbeitenden an die Hand nehmen, sie anleiten. Ich glaube: Es geht eben nicht darum, Menschen zu führen. Sondern es geht darum, Beziehungen zu führen; sie herzustellen, wo die Mitarbeiter sie nicht sehen; Zusammenhänge zu finden zwischen Themen, Gedanken, Ideen, Entwicklungen, Fragestellungen und zwischen Menschen. Wer Beziehungen führt, sagt nicht: "Mach das." Sondern: "Red mal mit ..." oder "Guck dir mal... an".

Fazit

Wenn Sie kurzfristig überleben möchten, ist die Eisenhower-Matrix das Richtige. Wenn Sie langfristige Lösungen suchen, das Falsche.

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