Das Modell nennt sich "Rangdynamisches Positionsmodell". Begründet hat es der österreichische Psychiater und Psychotherapeut Raoul Schindler, ein Experte für Gruppenprozesse.

die Positionen in der Gruppe

Schindler benennt folgende Positionen innerhalb einer Gruppe:

Die Alpha-Position

Alpha ist der Anführer oder die Anführerin und repräsentiert die Gruppe nach außen. Alpha legitimiert sich aus sich heraus, aus seinem Rang.

Die Gamma-Position

Sie unterstützt Alpha bei seinem Vorhaben. Meist gibt es mehrere Gammas. Sie sind die Leistungsträger der Gruppe, diejenigen, die umsetzen. Gammas haben keinen eigenen Führungsanspruch. Sie sind emotional mit Alpha verbunden, folgen ihm/ihr.

Die Beta-Position

Wer sie einnehmen möchte, muss Sachkenntnis haben - und das Vertrauen Alphas. Denn Beta berät Alpha und unterstützt ihn, seine Position zu behalten. Beta ist die Macht im Hintergrund.

Omega

Omega ist der Gegenpol des dominanten Gruppengeschehens, die Opposition gegen die gemeinsame Idee, der Nörgler und Querdenker. Omega kann gezähmt, beschwichtigt oder zurückgehalten werden. Omega hat einen Anspruch auf Führung.

Das Ziel der Gruppe

Die Gruppe folgt einem "G". G steht für die "Gruppenaufgabe" oder "Gegenüber" im Sinne von "Gegner". G ist das Ziel, die Zielerreichung - oder bildlich gesprochen: die Trauben, die es zu ernten gilt.

Ein Beispiel für die Dynamik

Um nun zu verstehen, wie sich Spannung innerhalb der Gruppe verlagert, wie sich Emotionen und Haltungen bilden und eine Dynamik entsteht, habe ich ein Beispiel:

Der Geschäftsführer (Alpha) möchte, dass seine Führungskräfte (Gamma-Position) Veränderungen einleiten und sie in ihre Fachbreiche und Teams bringen. Es entsteht eine Spannung, Erwartungen stehen im Raum: Alpha ruft ein gemeinsames Ziel aus, man definiert Maßnahmen zur Zielerreichung, ein Belohnungsmechanismus wird installiert. Omega opponiert, stellt das Ziel und die Maßnahmen in Frage. Die Spannung, die vorher zwischen Alpha und seinen Führungskräften war, verlagert sich zwischen die Führungskräfte und Omega, der mit seinem "Querulantentum" das Vorhaben blockiert - und damit die Zielerreichung und die Belohnung verhindert. Von dort fließen Spannung und Emotionen zurück in Richtung Alpha, der diese Haltung natürlich bemerkt.

Das ist die Rangdynamik einer Gruppe. Sie ist nichts Schlechtes, im Gegenteil: Sie hält die Gruppe lebendig. Kluge Alphas weisen Omega eine Sonderrolle zu und integrieren die Position.

Es gibt überall Hierarchien - auch dort, wo offiziell keine sind

Der Wert von Schindlers Modells ist: Es hilft uns zu verstehen, dass überall Hierarchien entstehen, auch dort, wo formal keine sind. Dabei sind auch die Abhängigkeiten zwischen den Positionen relevant: Alpha kann nicht ohne die umsetzenden Gammas agieren, Beta berät Alpha und ist die informelle Macht.

Der Wandel als Gegner

Wenn es nun um die "Vorbehalte der Führungskräfte" gegen Homeoffice oder, allgemeiner gesprochen, gegen Wandel und Fortschritt geht, dann ist klar: Solange der Wandel, die Veränderung nicht das ausgerufene Ziel oder ihm dienlich ist, bleibt alles, wie es ist. Solange Beta den Wandel nicht treibt, wird Alpha kaum agieren. Solange lediglich Omega den Wandel treibt, bleibt er in der Opposition, ist der Wandel der Gegner.

Der Text erschien usprünglich als Newsletter. Melden Sie sich an, und ich schicke regelmäßig Impulse in Ihr Postfach. Ich biete außerdem Seminare an - online und in Präsenz: Übersicht über das Seminarangebot