Kinder, wie die Zeit vergeht!
Wieder ist ein Jahr um. "Wie schnell die Zeit vergeht!", sagen wir oft. Doch warum haben wir das Gefühl, dass die Zeit immer schneller an uns vorbeifliegt? Was können wir tun, um die Jahre festzuhalten? In meinem letzten Newsletter des Jahres 2018 habe ich mich mit der Wahrnehmung von Zeit beschäftigt - und was neue Erlebnisse damit zu tun haben.
An welche Ereignisse aus 2018 erinnern Sie sich? Wie oft haben Sie im vergangenen Jahr etwas zum ersten Mal getan?
Wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke, waren die Jahre endlos. Allein die Sommerferien! Sechs Wochen voller Ereignisse. Der Zeitraum eines Jahres war kaum fassbar - zwischen den Geburtstagen lagen Welten voller Ereignisse.
Als ich zehn, zwölf oder fünfzehn Jahre alt war, habe ich niemals gesagt: "Wie schnell die Zeit vergeht!" Im Gegenteil: Ich habe mir gewünscht, dass sie schneller vergehe, dass das Schuljahr schneller um sei, dass ich schneller wieder Ferien habe, dass ich bald 16 sei und rasch 18 werde. Doch die Jahre breiteten sich - anders als heute - wie ein Teppich bis zum Horizont aus.
Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität (Wittmann/Lehnhoff 2005)bestätigt unsere Wahrnehmung: Je älter wir werden, desto schneller vergeht die Zeit. Doch wir können etwas dagegen tun.
In der Kindheit erleben wir täglich Unbekanntes
Der Grund, warum sich die Jahre unserer Kindheit und Jugend länger anfühlen als die Jahre unseres Erwachsenenalters, ist: Wir erlebten damals viele Dinge zum ersten Mal. Jeden Tag lernten wir etwas Neues, jeden Monat erkundeten wir neue Welten, ständig hatten wir Premieren.
Jedes neue Erlebnis war für uns mit Gefühlen verbunden: mit Freude und Angst, mit Sorge, Überraschung und Euphorie. Wir lebten intensiver, weil wir erst einen kleinen Ausschnitt des Lebens kannten und immerfort Neuem begegneten.
Das Erwachsenenalter ist gleichförmiger
Je mehr Neues wir erleben und je mehr diese Erlebnisse mit Gefühlen verbunden sind, desto mehr bleiben sie in unserem Gedächtnis haften - und je mehr emotionale Ereignisse uns prägen, desto langsamer vergeht in unserem subjektiven Erleben die Zeit.
Beginnen wir im Erwachsenenalter, täglich zur Arbeit zu gehen, hat uns schnell der Alltag im Griff: Unser Leben wird eintöniger, vieles ist Routine, unsere Gefühlswelt wird gleichförmiger. Die Konsequenz: Unser Gehirn speichert weniger Ereignisse pro Zeiteinheit ab; wir haben das Gefühl, die Zeit vergehe schneller.
Je mehr Neues wir erleben, desto langsamer vergeht die Zeit
Die gute Nachricht ist also: Wir können unser Zeiterleben beeinflussen und damit unser Leben gefühlt verlängern, indem wir uns Premieren verschaffen.
Meine Ideen für kleine Premieren in 2019:
- Alltag: Gehen Sie neue Wege - im Wortsinne. Fahren Sie in Stadtviertel, in denen Sie sonst niemals sind und machen Sie einen Spaziergang. Steigen Sie eher aus der U-Bahn aus und laufen Sie den Rest des Weges. Fahren Sie mal wieder Fahrrad. Besuchen Sie den russischen oder türkischen Supermarkt, statt das übliche Einkaufsprogramm zu erledigen. Schon in die kleinen Dinge lassen sich viele Premieren einbauen.
- Lernen: Bringen Sie sich etwas Neues bei. Sie wollten immer schon Klavier spielen lernen? Dann suchen Sie sich eine Klavierlehrerin und legen Sie los, das Leben wartet nicht. Bauen Sie ein Vogelhaus. Backen Sie Ihr Brot selbst. Belegen Sie einen Sprachkurs. Es geht nicht darum, dass Sie gut sind in dem, was Sie tun. Sie müssen nicht einmal lange durchhalten. Nur: Tun Sie es.
- Urlaub: Das Leben ist zu kurz für all inclusive. Weichen Sie vom Gewöhnlichen ab - es muss ja nicht gleich die Rucksacktour durch den Regenwald sein. Fahren Sie lieber nach Tallinn als nach Paris. Nehmen Sie kleine Pensionen anstatt große Hotels. Fahren Sie mit dem Zug und nicht wie sonst mit dem Auto. Sie werden neue Perspektiven gewinnen.
- Menschen: Nehmen Sie sich für 2019 vor, fünf Menschen bewusst kennenzulernen, indem Sie aktiv Begegnungen gestalten. Das können Menschen sein, die Sie neu in Ihr Leben holen - indem Sie in einen Verein eintreten und dort neuen Leuten begegnen. Oder indem Sie jemanden ansprechen, der Ihnen täglich begegnet, mit dem Sie aber noch nie ein Wort gewechselt haben. Oder indem Sie jemanden, den Sie immer schon näher kennenlernen wollten, zu einem Gespräch einladen.
Was auch immer Sie tun: Ich wünsche Ihnen ein Jahr 2019 mit vielen guten und neuen Erlebnissen, mit spannenden Herausforderungen und interessanten Begegnungen.
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