Mein Website-Relaunch - ein Gespräch mit Webdesigner Christian Fischer über Wordpress, Processwire und Firmen-Webseiten
Christian Fischer von der Webworkmanufaktur hat meine Website relauncht.
Vor kurzer Zeit habe ich meine Website relauncht. Im Frontend, also auf der eigentlichen Seite, haben sich nur kleine Dinge verändert. Im Backend, also bei der Bedienung, ist alles neu. Warum ich von Wordpress zu Processwire gewechselt bin - ein Gespräch mit Christian Fischer, dem Webdesigner meines Vertrauens.
Ein Wort vorab: Mein eigenes Gefrickel
Zunächst ein paar Worte, wie meine Website entstanden ist: Die erste Version, die Wordpress-Version, habe ich selbst gemacht. Ich habe mir ein Theme ausgesucht, Wordpress auf meinem Server installiert, das Theme an mein Corporate Design angepasst und die Inhalte gestaltet.
Für diesen Weg habe ich mich bewusst entschieden: Ich wollte das einmal selbst gemacht haben und wissen, wie es geht. Mir war von vorne herein klar, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt einen Profi ranlassen würde. Da ich allerdings oft Web-nah arbeite, wollte ich eigene Erfahrungen sammeln - und das Ergebnis war zunächst auch zufriedenstellend. Für den ersten Aufschlag genügte es.
Mit der Zeit stieß ich jedoch immer wieder an die Grenzen meiner (ohnehin eher dünnen) Programmierkenntnisse: Es gab Abstände, wo keine sein sollten, die Website reagierte auf einzelnen Geräten seltsam, der Header skalierte auf einigen Bildschirmgrößen unschön, das Menü verschob sich - und allerlei Kleinkram. Nach Wordpress-Updates musste ich im Quellcode außerdem gehörig nacharbeiten. Das nervte. Ich erklärte das Experiment für beendet und beauftragte Christian Fischer und seine Webworkmanufaktur.
Vanessa Giese: Hey, Christian. Kannst du kurz zusammenfassen, was wir gemacht haben?
Christian Fischer: Hallo Vanessa! Klar: Kurz gesagt haben wir das Design und den Aufbau Deines Experimentes übernommen aber die Technik vom bisherigen CMS Wordpress auf Processwire umgestellt.
(Einschub von mir: CMS steht für "Content Management System". Das Content Management System - deutsch: Inhalte-Bearbeitungssystem - ist ein Programm, mit dem man den Inhalt von Webseiten bearbeiten und administrieren kann. Ist die Webseite einmal angelegt, dient es vor allem dazu, Texte und Bilder zu pflegen.)
Bei der Gelegenheit haben wir außerdem ein bisschen am Layout, zum Beispiel an manchen Abständen und an der Typografie gearbeitet. Auch die Navigation ist ein kleines bisschen umgestellt.
Zum anderen haben wir noch Angaben ergänzt, die für die Auffindbarkeit der Seite durch Suchmaschinen wichtig ist - also sogenannte „OnPage SEO“ betrieben.
SEO: Wichtig, um in der Suchmaschine gefunden zu werden
Unter SEO, also "Search Engine Optimization", versteht man Handgriffe, die nützen, damit die Website besser gefunden wird.
Richtig. Bei dir habe ich die Voraussetzungen für OnPage-Optimierung getroffen. Ich habe zum Beispiel den HTML-Code suchmaschinenfreundlich geschrieben.
Außerdem habe ich Felder für Kurzbeschreibungen oder Vorschaubilder angelegt. Sie tauchen später bei Suchtreffern auf - oder beim Teilen einer Seite in sozialen Netzwerken. Die eigentliche Optimierung machst dann du, wenn du beim Schreiben eines Blogartikels diese Felder sinnvoll ausfüllst.
Eine Bemerkung am Rande: Bei WordPress benötigt man auch dafür natürlich wieder entsprechende Erweiterungen.
Nachteile von Wordpress
Damit sind wir bei Wordpress, dem System, das ich vorher für meine Website genutzt habe. Welche Nachteile hat Wordpress aus deiner Sicht?
Christian Fischer: Ich möchte, bevor ich beginne zu kritisieren, vorweg schicken: WordPress ist ein wirklich gutes Blogsystem. Aber …
... WordPress hat jetzt eine circa 13-jährige Geschichte als Blog-CMS hinter sich und ist in dieser Zeit von vielen engagierten Entwicklern meist in ihrer Freizeit kostenlos weiterentwickelt worden – und das ist natürlich erst einmal eine wirklich großartige Geschichte.
Allerdings gibt es das Sprichwort: Viele Köche verderben den Brei.
Eine Kehrseite dieser Medaille ist, dass viele Entwickler auch viele verschiedene Wege zur Lösung eines Problems finden. Mal in die Praxis geschaut: Für eine ganze Reihe von alltäglichen Aufgaben eines CMS braucht man in Wordpress-Erweiterungen. Dank der vielen Programmierer gibt es für viele Aufgaben nicht nur eine, sondern jeweils viele Erweiterungen. Das ist zum einen für mich anstrengend, weil die Art und Weise, wie die Erweiterungen in der Programmierung benutzt werden können, nicht im geringsten einheitlich ist.
Außerdem verstehen sich manche Erweiterungen nicht mit anderen oder sind von dritten abhängig - das alles ist oft sehr chaotisch und treibt den Entwicklungsaufwand schnell unverhältnismäßig in die Höhe.
Für den Benutzer – also dich – ist es anstrengend, weil auch die Benutzeroberfläche nicht einheitlich ist. Überhaupt finde ich die Benutzeroberfläche von WordPress sehr unübersichtlich
Aber bevor diese Antwort noch länger wird: Ich habe dem Thema erst kürzlich einen eigenen Blogbeitrag gewidmet.
Vorteile von Processwire
Warum arbeitest du gerne mit Processwire?
Kurz: Weil das da anders ist. Das Problem, das Wordpress da mit sich trägt, ist ein typisches für Programme, die irgendwann zu groß geworden sind. Processwire ist zum einen (noch?) kleiner und zum anderen erweckt es schon mehrere Jahre lang erfolgreich den Eindruck, als versuchten die Entwickler aus den Fehlern anderer Systeme zu lernen.
Für Programmierer ist es ein Traum, damit zu arbeiten, weil der mitgebrachte Funktionsumfang zwar sehr groß ist, die notwendigen Programmbefehle aber sehr logisch und vor allem quer durch alle Funktionen einheitlich sind.
Installiert man Processwire, gibt es zuerst keine Benutzeroberfläche.
Das klingt erstmal nach einem Nachteil. Für mich ist es ein Vorteil: So konnte ich für dich eine Benutzeroberfläche schaffen, die exakt deinen Anforderungen entspricht. Als dir etwas unklar war, konnte ich es ändern - so dass du mit dem geringsten Aufwand später noch mit deiner Website arbeiten kannst.
Ein weiterer Grund ist: Processwire ist von sich aus mehrsprachig angelegt. Mit Wordpress eine mehrsprachige Seite anzulegen ist hingegen eher nervig (und natürlich nur mit irgendwelchen Erweiterungen möglich).
Der Beginn eines gutes Webprojekts: ein gutes Briefing
Wir haben unsere Zusammenarbeit mit einem Briefing-Gespräch begonnen: Ich habe gesagt, was mir wichtig ist - du hast Fragen gestellt.
Christian Fischer: Ja, wir haben quasi Ping Pong gespielt und das finde ich auch die ideale Methode, ein Webprojekt zu beginnen.
Ich muss ja erst einmal den Kunden – in diesem Fall dich – kennenlernen. Dazu habe ich erst einmal Fragen. Zum Beispiel: Was möchtest Du mit Deiner Website tun, wen erreichen? Bei einem Relaunch aber auch: Warum soll die Website neu gemacht werden? Dann formt sich bei mir zwar meist schnell ein Bild, aber natürlich habe ich immer noch Rückfragen. Meist auch Vorschläge, denn mein Kunde kann ja nicht alles wissen, was im Web möglich, logisch und sinnvoll ist.
Das fand ich sehr positiv: Du hast Vorschläge gemacht, an die ich gar nicht gedacht hatte.
Christian Fischer: Das ist ja mein Job. Meist gibt das wieder Rückfragen und so geht das ein paar Mal hin und her. Und in jedem Durchgang wird das Bild der zukünftigen Website schärfer.
Meist ergeben sich auch später, während ich schon programmiere, noch Fragen oder weitere Wünsche – das ist auch vollkommen normal. Trotzdem bemühe ich mich, wenigstens ein paar große Phasen bei der Entwicklung einer Webseite abzustecken und jeweils abzuschließen bevor es zum nächsten Schritt geht: Konzept und Strukturierung der Inhalte, Gestaltung, Programmierung.
Hilfreich: eine Online-Plattform für den Austausch
Wir haben mit Basecamp gearbeitet - einer Online-Plattform, die hilft, Projekte zu managen, den Überblick zu behalten und zu kommunizieren.
Christian Fischer: Viele Projekte werden ja quasi nebenher im Mail-Programm gemanaged. Basecamp oder andere Projekt-Management-Werkzeuge bieten aber mehr Funktionen. Außer zu kommunizieren, kann man dort alle benötigten Dateien sammeln, ToDo-Listen anlegen und Aufgaben zuweisen oder auch zentral Notizen sammeln. Alleine schon die Zeitersparnis, wenn man weiß, dass alle Dateien, die mir der Kunde geschickt hat, an einer Stelle sind - und ich genau dort an der Stelle auch noch etwas kommentieren kann!
Richtig praktisch wird das, wenn man mit mehr als zwei Personen an einem Projekt arbeitet. All die Fehler, die sich zum Beispiel nur schon dadurch einschleichen, dass der eine im E-Mail-Programm auf „Antwort“ und der andere auf „Antwort an alle“ klickt, können hier nicht passieren.
Wenn Sie Ihre Webseite selbst bedienen möchten:
Gemeinsam haben wir auch geschaut, wie wir das Backend optimieren - in der Bedienung und mit Hilfetexten. Davon profitieren nun auch deine weiteren Kunden. Was rätst du Kunden, die ihre Website selbst bedienen?
Christian Fischer: Danke an dieser Stelle erst einmal für Deine Tests und Deine Rückmeldungen! Was ich rate? Zwei Dinge.
Zum einen: Nehmen Sie sich Zeit. Ein Content-Management-System ist - egal, wie viel Mühe wir uns gegeben haben, erst einmal ein neues Programm, das es zu erlernen gilt. Und bei aller Freiheit, die mir Processwire lässt: Es gibt ein paar Arbeitsabläufe, die fest stehen, und es gibt ein paar Fachbegriffe, die man in ihrer Bedeutung für die Website erlernen muss. Ich baue die Website eh immer in einem Vorschaubereich auf. Den kann man auch nutzen, um dort zu üben, ohne dass alle Welt es sieht.
Zum anderen: Web ist nicht Print und nicht Word und nicht Powerpoint. Gerade die Office-Programme ermöglichen ja eine Menge Freiheiten in der (Text-)Gestaltung und viele Benutzer wünschen sich das dann auch im CMS. Aber fürs Web habe ich beim Gestalten der Seiten Regeln aufgestellt - und das tue ich nicht willkürlich, sondern mit guten Gründen. Gründe, die meist etwas damit zu tun haben, dass die Besucher der Website so schnell wie möglich alles wahrnehmen können. Wenn man in der Benutzung jetzt gerne etwas größer oder kleiner oder bunter haben möchte, dann bricht das diese Regeln - meist zu Lasten der Besucher. Kommt das trotzdem öfter vor, sollte man übrigens mit dem Gestalter darüber sprechen, die vorhandenen Regeln zu erweitern.
Fünf Tipps für eine gute Unternehmenswebseite
Zum Schluss noch deine fünf Tipps für eine gute Firmenwebsite.
Christian Fischer:
Wechseln Sie die Perspektive und machen Sie eine Website für Ihre Kunden.
Sie wissen schon: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken …“ Planen Sie also für die Personen, die Ihre Dienste in Anspruch nehmen möchten. Stellen Sie sich vor, wie diese Besucher auf Ihre Website kommen und strukturieren Sie die Inhalte für den- oder diejenige. Denken Sie dabei nicht an eine „Zielgruppe“, sondern konkret an Frau Meier oder Herrn Müller aus dem Einkauf.
Eine Website ist kein Flyer.
… und keine Broschüre, die man zufällig nicht auf Papier, sondern am Bildschirm liest. Texte im Web zum Beispiel sollten anders strukturiert und geschrieben sein als die für den Flyer. Text-Profis, die fürs Web schreiben können berücksichtigen das und erfreuen damit sowohl Besucher als auch Suchmaschinen. Oft höre ich:
„Ach, das muss doch gar nicht so ausführlich, das interessiert doch niemanden“.
Doch. Als kühne These möchte ich formulieren: Es gibt nicht zu viele Inhalte im Web. Wenn eine Website nach zuviel Infos aussieht, ist sie nur schlecht strukturiert. Außerdem sind Suchmaschinen auf Texte angewiesen und es gilt: Keine Texte - gleich keine gute Suchmaschinenplatzierung.
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber aus Erfahrung trotzdem einen Tipp wert:
Achten Sie auf rechtliche Sicherheit beim Sammeln Ihrer Inhalte.
Das beginnt damit, dass Sie die gewählten Bilder und Texte auch im Web nutzen dürfen und endet mit einem rechtssicheren Impressum. Fachlicher Rat scheint vielleicht erst teuer, aber eine Abmahnung ist teurer. Und zuletzt:
Eine Website ist weder mal eben nebenbei konzipiert - noch läuft sie später einfach nebenher.
Planen Sie Zeit dafür ein, mit Ihrem Webdesigner zusammen eine Struktur zu entwickeln, Inhalte zu planen und diese Inhalte dann auch zu erstellen. Texte müssen geschrieben und Bilder gemacht werden. Vielleicht auch mal ein Video?
Auch wenn die Website fertig ist, benötigt sie regelmäßige Aufmerksamkeit. Dass bei Mitarbeiterwechsel oder Umzug die entsprechenden Seiten angepasst werden ist das Mindeste - besser, wenn Sie regelmäßig etwas aus dem Unternehmen oder Ihrem Fachgebiet zu erzählen haben. Und das macht sich nicht nebenbei.