Ich habe einen Auftrag! Oder doch nicht? Eine Checkliste zur Auftragsklärung

Veröffentlicht am 30. 8. 2022 von Vanessa Giese

Unser Berufsleben besteht aus Aufträgen. Wir erhalten sie von Kunden, vom Chef oder der Chefin, von Kollegen. Aufgaben werden über unserem Schreibtisch ausgekippt, über den Zaun geworfen, reingereicht. Schwierig wird es, wenn wir nicht genau wissen, was zu tun ist. Zehn Fragen zur Auftragsklärung.

1. Liegt wirklich ein Auftrag vor?

"Man müsste mal ...", "Jemand könnte ..." - ich gebe zu: Ich bin auch schonmal auf solch eine Äußerung angesprungen und habe eine Sache, die so adressiert wurde, schnell erledigt (oder auch langsam).

Wer jedoch sagt: "Man müsste mal ..." beschreibt zunächst nur einen Zustand - und den Wunsch nach Veränderung. Das ist noch kein Auftrag. Möchte der Absender wirklich, was er ausspricht - mit allen Kosten (finanziell und nicht-finanziell) und allen Verpflichtungen für die eigene Seite? Erster Schritt ist also zu prüfen: Liegt tatsächlich ein konkreter Auftrag auf?

2. Von wem kommt der Auftrag?

Nicht immer ist der Überbringer des Auftrags auch der Auftraggeber. Wer möchte also, dass Sie tätig werden? Und: Welche Personen sind noch in den Auftrag involviert - mit welchen Intentionen?

3. Wie lautet der konkrete Auftrag?

Eine der schwierigsten Fragen, denn der Auftraggeber (und schon gar nicht der Auftragsüberbringer) weiß mitunter nicht, was genau bis wann in welchem Umfang gemacht werden soll und mit welchem Nutzen.

Und wir? Wir wollen nicht kompliziert erscheinen. Wir denken, der Andere will nicht mit Fragen genervt werden. Es hilft aber nichts: Um erfolgreich zu sein, brauchen wir eine konkrete Beschreibung, was rauskommen soll. Welcher Ergebnistyp? Welcher Ergebnisumfang?

4. Was ist der Status Quo?

Aufträge kommen gerne in Forderungen daher: "Machen Sie ... " - aber ist das die richtige Lösung? Fragen Sie zunächst nach dem Problem. Was genau bereitet Schmerzen? Wem am meisten? Lassen Sie sich die aktuelle Situation beschreiben. Vielleicht haben Sie eine bessere Lösung. Vielleicht sollte der Auftrag anders lauten. Vielleicht sollten Sie zunächst eine Sache in den Fokus nehmen.

5. Welcher Effekt soll erzielt werden?

Problem und Auftrag zu kennen, ist allerdings nicht genug. Was soll nach Ausführung des Auftrags anders sein als vorher? Das Wissen lässt uns Spielraum bei der Umsetzung und versetzt uns in die Lage, flexibel zu agieren, wenn das ursprüngliche Vorgehen nicht realisiert werden kann.

6. Was ist im Vorfeld bereits geschehen?

Zu beinahe jedem Auftrag gab es schon Vorüberlegungen. Die sollten Sie kennen. Was wurde bislang unternommen? Welche Ideen wurden bereits gedacht? Was wurde schon probiert, aber wieder verworfen?

7. Woran erkennen wir, dass wir Erfolg haben?

Was soll nach der Auftragsausführung anders sein als vorher? Können wir das messen? Oder spüren? Wenn ja, an welcher Stelle, bei wem? Mitunter sich hier bei dieser Frage heraus, dass Nebeneffekte eigentlich die gewünschten Haupteffekte sind - oder mindestens gleichwertig mit ihnen. Beispiel aus meinem Alltag: Ich erfahre, dass es im Inhouse-Seminar, das ein Kunde bei mir bucht, nicht nur darum geht, Inhaltliches zu lernen, sondern auch, sich mal wieder in großer Runde zu treffen, Erfahrungen auszutauschen, Beziehungen zu pflegen. Das verändert die Umsetzung des Auftrags.

8. Was gehört nicht zum Auftrag?

Bei der Aufträgsklärung sollten Sie auch definieren: Was gehört nicht zum Auftrag, welche Leistung ist nicht eingeschlossen? Was machen Andere und wird zugeliefert (bis wann, in welchem Ergebnistyp und welchem Umfang)? Was lassen wir außen vor?

9. Wie wollen wir kommunizieren?

Wohin soll ich informieren? Wenn vor oder während der Auftragsausführung Fragen zu klären sind: Wer beantwortet sie? Wie erreicht man sich, wie tauscht man Materialien aus? An wen soll berichtet werden? Wohin wird eskaliert, wenn es Probleme gibt?

10. Gibt es eine Frage, die ich vergessen habe zu stellen?

Als Auftragnehmer:innen wissen wir oft nicht, was wir nicht wissen, seien es interne Abläufe oder - ja, eben Dinge, nach denen wir nicht fragen können, weil uns nicht klar ist, dass sie von Belang sind. Diese Frage regt das Gegenüber an, darüber nachzudenken.


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